Inhalt
1. Editorial
2. Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer der NS-»Euthanasie«
3. Geschichte des Gebäudekomplexes der Leipziger Arbeitsanstalt
4. Psychiatriemuseen auf dem DGPPN-Kongress
5. Termine und Informationen
6. Buchempfehlungen
7. Ihre Unterstützung
8. Abonnement und Kontakt
9. Impressum
1. Editorial
Liebe Freundinnen und Freunde des Sächsischen Psychiatriemuseums,
wir erinnern in diesem Newsletter an zwei Stolpersteinverlegungen in Leipzig und schauen auf die im zweiten Halbjahr anstehenden Projekte. Die Ausstellung der Psychiatriemuseen auf dem DGPPN-Kongress und das damit verbundene Treffen mit den Kolleginnen und Kollegen vieler anderer Museen werden sicher dazu beitragen, die Kommunikation untereinander zu verbessern und neue Ideen der Kooperation zu entwickeln. Bitte beachten Sie auch das angekündigte Begleitprogramm zur Gedenkveranstaltung für die Opfer von »Euthanasie« und Zwangssterilisation am 31. August in Berlin.
Ihr Thomas R. Müller
Sächsisches Psychiatriemuseum
2. Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer der NS-»Euthanasie«
Am 21. Juni 2018 wurden in Leipzig weitere Stolpersteine verlegt, darunter auch für Opfer der NS-„Euthanasie“.
Der Stolperstein am Eingang des Diakonissenmutterhauses in der Georg-Schwarz-Straße 49 erinnert an das Schicksal der Diakonisse Marie Runkel. Marie Runkel (1878-1941) hatte dem Leipziger Diakonissenhaus rund 30 Jahre angehört und ihre Arbeit der Pflege hilfebedürftiger Menschen gewidmet. In den 1930er Jahre wurde sie psychisch krank und im November 1935 in die Leipziger Universitätsnervenklinik eingewiesen. Wenig später kam sie in die Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen, wo eine Schizophrenie diagnostiziert wurde. Im Februar 1941 wurde sie in die Heil- und Pflegeanstalt Zschadraß verlegt von dort am 17. März in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein gebracht und höchstwahrscheinlich am selben Tag ermordet.
Zur Stolpersteinverlegung mit ca. 100 Teilnehmern lasen unter der Leitung der Historikerin Dr. Fruzsina Müller Berufsschüler der Gesundheits- und Krankenpflege des Diakonissenkrankenhauses aus der Korrespondenz und der Krankenakte von Marie Kunkel. Nach einer Gedenkandacht wurde eine Ausstellung zum Leben und der Ermordung von Marie Runkel eröffnet.
In der Erich-Zeigner-Allee 36, dem letzten Wohnsitz von Bernhard Freiherr von Hoyningen-Huene, erinnert ein Stolperstein an den 1940 getöteten Leipziger Kirchenrechtsrat a.D. Die Initiative für diesen Stolperstein ging vom Leipziger Bündnis gegen Depression aus. Die Lebensgeschichte hatte Helmut Stein im Kontakt mit der Familie recherchiert. Die dabei entstandene Dokumentation übergab Herr Stein dem Sächsischen Psychiatriemuseum, wo sie zurzeit in der Dauerausstellung zu sehen ist.
3. Geschichte des Gebäudekomplexes der Leipziger Arbeitsanstalt
Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN hat der Leipziger Stadtrat beschlossen, auf dem Gelände der früheren Leipziger Arbeitsanstalt in der Riebeckstraße 63 einen Gedenkort zu schaffen. Im Vorfeld hatte das Sächsische Psychiatriemuseum einen Überblick zur vielschichtigen Geschichte dieses Ortes erarbeitet.
Im Jahr 1891 wurde die Städtische Zwangsarbeitsanstalt St. Georg als Institution der geschlossenen Fürsorge gegründet, in der u.a. sog. Korrektionäre, Polizeistrafgefangene und Versorgte untergebracht waren. Auf dem Komplex befanden sich außerdem ein Obdachlosenhaus und ein Arbeitsplatz für Freiwillige. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der zunehmend repressiveren Fürsorgepolitik wurden die Gebäude u.a. als Gestapo-Gefängnis, zur Unterbringung sog. »Asozialer«, als Zwangsarbeitsplatz für Leipziger Juden und Durchgangsanstalt für ausländische Zwangsarbeiter genutzt. Die Anstalt diente als Sammelstelle für Transporte in Konzentrationslager bspw. von Leipziger Sinti und Roma und der Deportation von Juden. Zahlreiche Insassen der Arbeitsanstalt wurden Opfer der NS-»Euthanasie«. Nach 1945 wurde die geschlossene Fürsorge als »Heim für soziale Betreuung« fortgesetzt und eine Venerologische Klinik zur Zwangsbehandlung von Frauen, denen man eine Geschlechtskrankheit unterstellte, betrieben.
Diese komplexe Geschichte soll unter der Regie des Leipziger Gesundheitsamtes aufgearbeitet und über Formen des Erinnerns beraten werden. Neben verschiedenen anderen Akteuren ist auch das Sächsische Psychiatriemuseum an diesem Projekt beteiligt.
4. Psychiatriemuseen auf dem DGPPN-Kongress
18 Psychiatriemuseen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland präsentieren sich in einer Ausstellung auf dem diesjährigen DGPPN-Kongress vom 28. November bis 1. Dezember 2018 in Berlin. Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und kann später auch an anderen Standorten gezeigt werden.
Koordination und Kontakt: Rolf Brüggemann, info@museele.de
Am 30.11. findet außerdem auf dem Kongress ein Arbeitstreffen der Museumsleiterinnen und -leiter und ein Symposium »Psychiatrie museal« statt.
Nähere Informationen dazu im nächsten Newsletter.
5. Termine
31. August 2018 ab 13 Uhr in Berlin
Stiftung Topographie des Terrors
„Gegen das Vergessen: Aus der Geschichte lernen
Die Situation der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen in der NS-Zeit“
Begleitprogramm zur Gedenkveranstaltung für die Opfer von »Euthanasie« und Zwangssterilisation am 1. September 2018 ab 14 Uhr in der Philharmonie Berlin
mit Vorträgen von Friedrich Leidinger, Renate Michel und Sigrid Falkenstein
Programmflyer unter:
Programm-Gedenktag-2018
16. bis 18. November 2018 in Trier
„Herbsttagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen »Euthanasie« und Zwangssterilisationen“
Informationen und Kontakt:
6. Buchempfehlungen
Boris Böhm
Die Pirnaer Alters- und Pflegeeinrichtungen im 19. und 20. Jahrhundert
Mildtätigkeit Zwang Fürsorge
Hrsg. Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V., Pirna 2017
ISBN 978-3-9817413-1-5
Das in der Schriftenreihe »Pirnaer Minitaturen« erschienene Heft widmet sich der Geschichte der städtischen und bezirklichen Betreuungseinrichtungen für alte, chronisch kranke und behinderte Menschen in Pirna im 19. und 20. Jahrhundert. Nach einem einführenden Überblick zum Pirnaer Wohlfahrtswesen werden die einzelnen Einrichtungen (Hospitäler, Armen- und Obdachlosenhäuser und Bezirks- bzw. Kreisheime) detailreich und durch zahlreiche Abbildungen veranschaulicht beschrieben. Anhand zweier Kurzbiografien verdeutlicht der Autor, dass auch die Bewohner von Alters- und Pflegeheimen den nationalsozialistischen »Euthanasie«-Verbrechen zum Opfer fielen. Das letzte Kapitel zeichnet die Situation in den Pirnaer Alters- und Pflegeheimen zwischen 1945 und 1990 nach.
Ingrid von Beyme & Sabine Hohnholz
Vergissmeinnicht Psychiatriepatienten und Anstaltsleben um 1900
Aus Werken der Sammlung Prinzhorn
Springer-Verlag 2018
ISBN 978-3-662-55531-6
Wie wurde um 1900 die Einweisung in die Psychiatrie erlebt? Welche Behandlungsmethoden kamen zur Anwendung und wie wurden die Therapien von den Patienten empfunden. Wie war der Alltag in den Anstalten, und wie gestaltete sich das Verhältnis zu den Ärzten, Schwestern, Pflegern und Mitpatienten?
Antworten auf diese und viele andere für die Psychiatriegeschichte relevante Fragen liefern Ingrid von Beyme und Sabine Hohnholz in ihrem großartigen Buch und zwar aus der Perspektive der Patienten. Als ergiebige Quelle stand den Autorinnen die Sammlung Prinzhorn zur Verfügung. Aus den dort befindlichen mehr als 5000 Werken wurden über 50 Patienten ausgewählt, die mit einfühlsamen Kurzbiografien vorgestellt und deren Werke in detaillierten Bildbeschreibungen erläutert werden.
7. Ihre Unterstützung
Für die Finanzierung unserer Arbeit sind wir auf Drittmittel angewiesen. Dabei hilft uns jede Spende. Auf Wunsch stellen wir Ihnen gern eine Spendenquittung aus.
Spendenkonto:
IBAN: DE05 8602 0500 0003 5214 02
BIC : BFSWDE33LPZ
Stichwort „Psychiatriemuseum“
8. Abonnement und Kontakt
Um den Newsletter abzubestellen oder mit uns Kontakt aufzunehmen, schicken Sie uns bitte eine Mai an:
9.Impressum
Herausgeber:Sächsisches Psychiatriemuseum
des Vereins Durchblick e.V.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Thomas R. Müller
Redaktionsschluss: 6. August 2018
www.psychiatriemuseum.de
www.durchblick-ev.de
© Sächsisches Psychiatriemuseum Mainzer Straße 7 04109 Leipzig
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